Die Wüste als Prestigesache
Es waren die 1920er Jahre, als Expeditionen in unerforschte Gebiete, halsbrecherische Aktion und waghalsige Reisen die Bevölkerung in ihren Bann zog. Die Presse stürzte sich auf diese Helden und berichtete ausführlich. Zahlungskräftige Sponsoren unterstützten die Abenteuer und der Erfolg bescherte so manchen einen nachhaltigen Ruhm. Das französische Autowerk von Citroën ersann für sich die Durchquerung der Wüste in Nordafrika als verkaufsfördernde Bewährungsprobe. Konkurrent Renault wollte dies nicht auf sich sitzen lassen und entwickelte binnen kurzer Zeit einen sechsrädrigen Lastwagen mit jeweils doppelbereiften Rädern, getauft auf das Typenkürzel 6 MH.
Renaults erste, zwei Tage lang dauernde Testfahrt fand im Dezember 1923 in den Wüstenabschnitten vom algerischen Touggourt bis zum tunesischen El Oued-Tozeur statt, zu der Zeit, als Rivale Citroën bereits seine erste Fahrt hinter sich hatte und unter den Brüdern René und Georges Estienne mit vier Halbkettenfahrzeugen bereits zur zweiten aufbrach. Kurz darauf brach der Kampf um die fahrerische Beherrschung der Wüsten in vollen Zügen aus.
Die Schilderungen der damaligen Wüstenfahrten wurden in zigfacher Überlieferung wiedergegeben und es findet sich kein schlechtes Wort über die sechsrädrigen Renault, über Unfälle oder den anderen Widrigkeiten, die den schweren Trucks zu schaffen machten. Klar wird aber aus allen Darstellungen, dass die Renault Radwagen den rivalisierenden Citroën Kettenfahrzeugen in den Belangen Geschwindigkeit und dem Passieren des unwegsamen Geländes überlegen waren. Der Erfolg lag vermutlich in der doppelt angetriebenen Hinterradachse und der Verwendung von Reifen statt Ketten, wie es Citroën praktizierte.
Ob nun Renault oder Citroën das größere Prestige mit ihren Wüstenfahrten erlangte, dürfte letztlich kaum messbar gewesen sein, für die Autowelt hinterließen jedoch beide Werke zwei eindrucksvolle Fahrzeuge.
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